Am 8. Mai 2019 fand im Hauptausschuss des Brandenburger Landtages die abschließende Anhörung zum "Entwurf des Gesetzes zum Sechsten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich der Medien" statt. Als Vertreter des Bundesverbands Freier Radios konnte Mark Westhusen zum Vertragsentwurf Stellung nehmen und konzentrierte sich dabei auf drei dringend zu ändernde/zu ergänzende Punkte im Gesetzentwurf. Als Vertreter der Brandenburgischen Radios kam zudem Achim Trautvetter von frrapó (Freies Radio Potsdam) zu Wort.

Das Statement des BFR ist im Folgenden nachzulesen:

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für die Möglichkeit zum Entwurf des Gesetzes zum Sechsten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich der Medien als Vertreter des Bundesverbands Freier Radios (BFR) Stellung nehmen zu können. Der Bundesverband Freier Radios ist der Zusammenschluss von aktuell 32 nichtkommerziellen Radios und Hörfunkinitiativen der Bundesrepublik Deutschland, zwei unserer Mitglieder kommen aus Brandenburg, konkret aus Potsdam und Frankfurt (Oder). [...]

Das nun vorliegende Gesetz erwähnt erstmalig Fördermöglichkeiten für die Nichtkommerziellen Lokalradios (NKL) zu denen die Freien Radios gehören. Trotz dieses sehr erfreulichen Aspekts möchte ich die eingeräumte Möglichkeit der Stellungnahme nutzen, um auf aus Sicht des BFR elementare Leerstellen im Gesetzestext zu verweisen. Kern der hier vom BFR eingebrachten Kritik ist der § 8 Absatz 1 Satz 11. Mit der geplanten Ergänzung werden die förderfähigen Bereiche von NKL auf die techni-sche Infrastruktur und die Programmverbreitung reduziert. In der Begründung für diese Einengung der Fördermöglichkeiten wird auf § 40 des Rundfunkstaatsver-trags abgehoben. Eine verfassungsrechtlich gebotene Zweckbindung der Verwendung des Rundfunkbeitrags wird in dieser Begründung formuliert. Dieser Ausführung steht allerdings das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2018 (1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17, 1 BvR 981/17) entgegen, welches in Folge von Verfassungsbeschwerden gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrags gefällt wurde. Im Absatz 84 der Urteilsbegründung wird die Möglichkeit der nichtkommerziellen Veranstaltung von lokalem und regionalem Rundfunk explizit neben der Förderung von Offenen Kanälen genannt. Dabei wird im genannten Urteil ebenso wie im vorliegenden Gesetzesentwurf auf den § 40 des Rundfunkstaatsvertrags verwiesen, konkret auf Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1.

Dieser lautet: „Formen der nichtkommerziellen Veranstaltung von lokalem und regionalem Rundfunk und Projekte zur Förderung der Medienkompetenz können aus dem Anteil nach Satz 1 aufgrund besonderer Ermächtigung durch den Landesgesetzgeber gefördert werden.“, was bedeutet, dass die Förderung von Grundkosten (beispielsweise Personal und/oder Mieten/Betriebskosten) -anders als in der Begründung des Gesetzes auf Seite 23 formuliert- durch den § 40 des Rundfunkstaatsvertrags gedeckt sind. Es braucht nur eine entsprechende Festschreibung im Mediengesetz eines Bundeslandes, die im Fall des vorliegenden Gesetzestextes mit der Streichung der Begriffe „technische Infrastruktur“ und „Programmverbreitung“ im § 8 Satz 2 Nummer 11 gegeben wäre. Derartige Gesetze existieren im Zusammenhang mit einer Förderrichtlinie in den meisten Bundesländern und ermöglichen eine Absicherung der Basiskosten der Freien Radios.

Ergänzend zum rechtlichen Aspekt möchte ich die Möglichkeit der Stellungnahme nutzen, um hervorzuheben, welche äußerst relevanten Auswirkungen eine Förderung der Grundkosten von Nichtkommerziellen Lokalradios (NKL) für diese haben:

Ein NKL, das keine Grundförderung von der zuständigen Medienanstalt erhält, muss in Folge einen Großteil seiner Ressourcen und Aktivitäten dauerhaft für die Sicherung der eigenen Existenz binden. Somit ist es um einen wesentlichen Teil seiner Entwicklungspotentiale beschnitten. Mit der Förderung der Grundkosten des Radiobetriebs -das meint die Kosten, die neben der Verbreitung des Rund-funksignals und der Anschaffung von Technik regelmäßig für Mieten, Strom, Per-sonal anfallen- entscheidet sich der Gesetzgebende für eine langfristige Perspektive der NKLs, auf deren Basis vieles von dem, worauf die Bundesländer, welche diese Förderungen möglich machen, mit großer Zufriedenheit schauen: Eine brei-te Nutzer*innenschicht in den Sendern, ein vielseitiges Programm für die Höre-rinnen und Hörer, vielfältige Angebote zur Vermittlung von Medienkompetenzen als ein Teil von Demokratiekompetenz. Nicht zuletzt sei die durch die Basisförde-rung gegebenen Möglichkeit zur Akquise von Fördermitteln auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene für die NKLs erwähnt. Hier ist eine Vergabe stets auf zusätzliche Tätigkeiten in Projekten fokussiert, ist die gesicherte Grundstruktur eines Antrag-stellenden Grundvoraussetzung für die Vergabe von Drittmitteln.

Zwei weitere Punkte sind aus Sicht des Bundesverbands Freier Radios im Rahmen dieser Anhörung noch anzusprechen:

Es geht zum Einen um den Dritten Unterabschnitt: Verbreitung und Weiterverbreitung von Rundfunk oder vergleichbaren Telemedien in Kabelanlagen oder Plattformen, konkret um den § 35 Verpflichtung zur unentgeltli-chen Verbreitung. Es ist begrüßenswert, dass hier wie in Mediengesetzen ande-rer Bundesländer üblich, die kostenlose Einspeisung von Content aus Community Medien festgelegt wird. Gleich der Erwähnung von Offenen Kanälen in Bezug auf die Verbreitung von Fernsehprogrammen, sollten NKL für die kostenfreie Nutzung von Hörfunkkanälen ausdrücklich genannt werden. Diese klare Benennung schafft durch die Minimierung von Interpretationsspielräumen eine eindeutigere Rechtslage für die Betroffenen.

Weiterhin zu ergänzen ist der nicht in den vorliegenden Änderungsvorschlägen enthaltene Erste Abschnitt Allgemeine Vorschriften § 1 Anwendungsbereich Absatz 1: Hier ist die Ergänzung in der Auflistung der Anwendungsberei-che notwendig, die inhaltlich im vorliegenden Gesetzentwurf vollzogen wurde. Neben den Offenen Kanälen sind hier auch die Nichtkommerziellen Lokalradios zu nennen.