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BFR-Kongress / #ZWCM2023

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#ZWCM2023
02. bis 05.11.2023 |
Radio CORAX | Halle (Saale)

1 Jahr und 3 Monate ist es her, dass wir in den Freien Radios geschockt in einer neuen Realität aufgewacht sind. Sicherlich bei weitem nicht so geschockt wie unser Kollegen Fabian und Andreas, deren Morgen mit Polizist*innen in ihren Privatwohnungen begann, die ihre persönlichen digitalen Arbeitsgeräte und Datenträger mitnahmen.
 
Doch auch wir anderen Aktiven in den Freien Radios sind daran erinnert worden, dass unsere Medien-Arbeit nicht ungefährlich ist. Seitdem ist die ehrenamtliche Betätigung als freier Journalist oder freie Journalistin in einem partizipativen Medium nicht einfach eine wichtige zivilgesellschaftliche Beteiligung am medialen Diskurs und ein Bonus im Lebenslauf. Stattdessen droht seit dem 17. Januar 2023 dieses Ehrenamt das persönliche und professionelle Leben massiv aus der Bahn zu werfen.
 
Alles was es dafür anscheinend benötigt ist ein Nachrichtentext mit einer Verlinkung. Ein Nachrichtentext, wie er auch in anderen großen Medienhäusern veröffentlicht werden kann, mit einer Verlinkung, die andere Medienhäuser auch so vornehmen. Wer meint sich durch eigene Bildung, Abschauen, Vergleichen und einer grundsätzlich verantwortungsbewussten Arbeitsweise absichern zu können, wurde eines besseren belehrt. Denn der Artikel, wegen dem unser Kollege heute vor Gericht steht, weißt
insgesamt keinen großen Unterschied zu den Artikeln großer Medienhäuser oder auf öffentlich-rechtlichen Webseiten auf. Auch bei Zeit online und der taz wurde berichtet, auch dort wurde ein Link zum Archiv gesetzt. Nur, dort kam es zu keinen Hausdurchsuchungen, die Staatsgewalt stand nicht in den Redaktionsräumen.
Sie konnten über die zweifelhafte juristische Einordnung von linksunten.indymedia als Verein mit dem Zweck diesen zu verbieten berichten, ohne von der Staatsanwaltschaft als "verlängerter Arm" des verbotenen „Vereins“ eingeschätzt zu werden.
 
Was ist also der Unterschied? Gilt die Pressefreiheit nur dann, wenn Verleger*innen ihre Mitarbeiter*innen bezahlen und redaktionell anweisen? Hier ist wohl der größte Unterschied von Freien Radios zu anderen Medien auszumachen:
 
In Freien Radios arbeiten Ehrenamtliche, die aus eigenem Willen, eigener Neugierde und eigenem Verantwortungsgefühl heraus die Rundfunklandschaft mit ihren Stimmen, ihren Recherchen und ihrer Arbeit bereichern. Und das tun sie nicht in irgendwelchen Chatgruppen oder auf sogenannten sozialen Medien für ein direktes Feedback in Form von Daumen hoch oder runter, sondern öffentlich, im Radio. In guten Zeiten dient ihre Arbeit als bestes Beispiel für die Rundfunk- und Zensurfreiheit in Deutschland. In schlechten Zeiten werden sie einfach in Mithaftung genommen, für die Nachrichten über die sie berichten, wie unsere Kollegen in Freiburg.
 
Und dann stellt sie sich doch wieder, die Frage nach der Rundfunkfreiheit in Deutschland. Denn was da am 17. Januar vor einem Jahr in Freiburg geschehen ist, ist einerseits ein klarer Eingriff in die Rundfunkfreiheit – Redaktionsräume wurden betreten, es wurde sich Einblick in Arbeitsabläufe und die Identität der Mitarbeiter*innen verschafft. Und es ist andererseits aber auch als Einschüchterung zu verstehen, gegen die freien Mitarbeiter*innen, die die juristische Aufarbeitung des Falls linksunten.indymedia auch weiterhin nicht in Vergessenheit geraten lassen. Und gegen alle, die sich in Freien Radios betätigen, wenn nicht sogar gegen alle Journalist*innen. Denn Hausdurchsuchungen sind auch als Strafe zu verstehen. Ein Eingriff in die Privatsphäre. Die Beschlagnahmung von Smartphones und Computern ist in einer digitalen Gesellschaft eine Strafe in sich, ein Entzug des digitalen Ichs. In großen Medienhäusern mit schlagkräftigen Rechtsabteilungen und bereitgestellten Arbeitsrechnern und - Smartphones ist dieser Eingriff schon massiv. In Freien Radios ist er als Angriff auf alle ehrenamtlichen Journalist*innen zu verstehen.
Wir, die wir meist mit unseren persönlichen Geräten arbeiten, die wir nebenberuflich und ehrenamtlich unsere Zeit für eine bessere mediale Ausleuchtung der Gesellschaft opfern, wir alle wissen jetzt: Wir sind nicht hinreichend geschützt! Wenn wir Pech haben, reicht ein vager Vorwurf aus und wir verlieren den Zugriff auf unsere Geräte, auf denen unser Leben gespeichert ist, auf denen wir unseren Hauptjobs oder unserem Studium nachgehen. Unsere journalistische Arbeit mag zwar gelobt werden, aber sie kann zu einem unkalkulierbaren Risiko für unser berufliches und privates Leben werden. Was sollen wir also denjenigen sagen, die in unsere Radios kommen um sich zu beteiligen? Denjenigen Journalist*innen, die vor Zensur und Verfolgung in ihren Ländern geflohen sind und in Freien Radios die ersten niedrigschwelligen Anknüpfungsversuche in der deutschen Medienlandschaft wagen? Den Menschen aus allen gesellschaftlichen und Bildungs-Milieus die das Ehrenamt im Radio wählen, um die mediale Verengung auf Kontroversen mit ihren Perspektiven aufzubrechen? Sollen wir sie ermuntern, sich selbst ins Risiko zu bringen?
 
Diese Fragen muss jetzt das Landgericht Karlsruhe beantworten! Und nicht nur das – das Landgericht kann hier Klarheit schaffen, dass es eben kein Risiko sein darf sich seiner Grundrechte auf Meinungs- und Informationsfreiheit zu bedienen. Denn Community Medien und damit die Freien Radios übernehmen eine wichtige Rolle in der Wahrung von Meinungs- und Informationsfreiheit, wie sie als Grundrecht in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert ist. Der Europarat erkennt das schon heute an.
 
Wir in den Freien Radios in Deutschland warten auf diese Klarstellung und wissen, was droht, wenn sie ausbleibt – ein Verlust an Medienpluralismus, Engagement und vor allem – an Vertrauen in die Pressefreiheit dieser angegriffenen Demokratie...

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