Der Bundesverband Freier Radios ist der Zusammenschluss nichtkommerzieller Hörfunkinitiativen in der Bundesrepublik.
Der Bundesverband Freier Radios ist der Zusammenschluss nichtkommerzieller Hörfunkinitiativen in der Bundesrepublik.
In einer detaillierten Bewertung kommt der BFR zum Ergebnis, daß DAB höchstens als zusätzliche Option für den digitalen Empfang von Hörfunkprogrammen in Frage kommen kann. Medienpolitische Probleme, technische Unzulänglichkeiten und ungewisse Zukunftsaussichten zeigen: DAB ist für eine Ablösung des UKW-Rundfunks nicht geeignet.
1. Fehlende Verbreitungsgebiete für den Lokalfunk
Die Planung der DAB-Sendernetze sieht landesweite und regionale Programme vor. Eine weitere Aufteilung in noch kleinere Empfangsgebiete ist aus frequenzökonomischen Gründen nicht möglich. Das heißt es wird keine kleinen Lokalradios mehr geben. Diese Radiostationen müssen entweder ihren Betrieb einstellen, oder, sofern sie trotz Konkurrenz einen DAB-Platz zugeteilt bekommen, ein entsprechend größeres Sendegebiet bedienen. Die Abbildung der heutigen Radiolandschaft mit ihren individuellen Sendegebieten ist nicht möglich. Dieses Problem trifft vor allem die heutigen lokalen Radiostationen.
2. Steigende Grundkosten aufgrund zusätzlicher Gebühren
Mit DAB werden jeweils mehrere Programme in einem Paket ("Multiplex") ausgestrahlt. Für die Einspeisung eines Programmes in das Multiplex sind die neu gegründeten Sendernetzbetreiber zuständig, die dafür von den Radiostationen entsprechende Gebühren erhalten. Damit steigen die Kosten für die Ausstrahlung von Radioprogrammen erheblich. Dies trifft jedoch nur kleinere Stationen, die großen Programmanbieter profitieren von geringeren Energiekosten beim digitalen Senderbetrieb, weshalb diese DAB meist unterstützen.
3. Frequenzmangel
Die Abbildung der derzeitigen Rundfunklandschaft auf das DAB-Sendernetz ist auch aufgrund fehlender Frequenzen nicht möglich. Die ursprüngliche Frequenzplanung für den regionalen Rundfunk im "L-Band" mußte sogar weitgehend aufgegeben werden, da sich die flächendeckende Nutzung des L-Bandes als wirtschaftlich nicht vertretbar herausstellte. Es fehlen deshalb vor allem Frequenzen für regionale Programme.
Der Frequenzmangel wird langfristig nur dadurch aufgehoben, daß für den zukünftigen digitalen Rundfunk ein sehr viel größeres Frequenzband zur Verfügung gestellt wird, als für den heutigen UKW-Rundfunk. Entgegen der Behauptung, nur mit der digitalen Technik könne der Frequenzmangel überwunden werden, würde ein zusätzliches Frequenzband auch dem herkömmlichen Rundfunk zusätzliche Programme bescheren und damit sehr viel preisgünstiger zu einem erweiterten Programmangebot führen.
4. Die starre Frequenzverteilung gefährdet die mediale Vielfalt
Die relativ freie Gestaltung der Sendegebiete hat in der Vergangenheit dazu geführt, daß das UKW-Band sehr dicht mit Frequenzen besetzt werden konnte. Viele kleine, lokale Radiostationen fanden in verbleibenden Frequenz-Nischen einen Platz. Fast überall sind 10-15 Radioprogramme zu empfangen, in der Nähe von Landes- oder Bundesgrenzen sind es noch weit mehr. Mit DAB ist eine derart flexible Frequenzplanung nicht möglich, da jeweils nur ganze Programmgruppen im gemeinsamen Multiplex koordiniert werden können.
Außerdem ist bei den digitalen Sendernetzen der Empfang nur innerhalb klar umrissener Sendegebiete möglich, so daß bspw. das Hören von Sendern aus anderen Bundesländern kaum mehr möglich sein wird.
Insgesamt führt die starre Frequenzverteilung zu einer Vereinheitlichung der Rundfunklandschaft und damit zu einem Verlust an medialer Vielfalt und lokalen Besonderheiten.
5. DAB gefährdet die Existenz vieler unabhängiger Radios weltweit
Viele kleine, nichtkommerzielle Radios auf der ganzen Welt können nur mit Hilfe ehrenamtlicher Eigenarbeit überleben und betreiben ihren Sender aus Kostengründen selbst (z.B. auf dem Dach ihres Radio-Studios). Dies wäre aufgrund der gemeinsamen Ausstrahlung im Multiplex nicht mehr möglich. Die Kosten für Standleitung und Sendermiete, bzw. bei DAB noch zusätzlich die Kosten für die Einspeisung ins Multiplex-Signal, können viele Radiostationen nicht aufbringen. Mit DAB wären viele kleine Radiostationen deshalb ruiniert.
6. DAB gefährdet oppositionelle Sender
Aus der Notwendigkeit, die Radioprogramme zentral in das Multiplex einzuspeisen, ergibt sich auch ein politisches Problem: die Radiostationen sind von den Sendernetzbetreibern abhängig. Da DAB zum internationalen Standard werden soll, führt dies zur Gefährdung der Rundfunkfreiheit weltweit. Regierungskritischen Radios wird das Senden erschwert. Ungewollte Programme können durch die Kontrolle der Sendernetzbetreiber sehr einfach abgeschaltet oder durch andere ersetzt werden.
7. Die DAB-Technik ist veraltet
DAB wurde zwischen 1989 und 1993 entwickelt und ist deshalb aufgrund des rasanten Fortschritts in der digitalen Kommunikation heute schon hoffnungslos veraltet. Deshalb wurde auch schon von namhaften Gremien, z.B. vom European Radiocommunication Committee (ERC) und dem Zentralverband der Elektroindustrie (ZVEI) dessen Modernisierung gefordert. Unter anderem wird das bei DAB eingesetzte Kodierungsverfahren als ineffektiv kritisiert. Heute könnte eine Übertragungstechnik eingesetzt werden, die u.a. ein softwaremäßiges Anpassen an zukünftige Entwicklungen ermöglicht. Die anläßlich der Verbreitung des Internets und der Handys entwickelten modernen Kommunikationstechniken konnten bei der DAB-Entwicklung genausowenig berücksichtigt werden wie die aktuellen Fortschritte bei mobilen Empfangsgeräten für Satellitenradio (z.B. "WorldSpace") oder der digitalen Mittelwelle (DRM).
8. DAB-Geräte sind zu teuer
Noch gibt es nur sehr wenige DAB-Empfänger unter 1000 DM. Wesentlich preiswertere Geräte sind frühestens in einigen Jahren zu erwarten. Ob es jemals eine derart preisgünstige Massenware wie beim UKW-Radio geben wird, ist aufgrund der aufwendigen Empfangstechnik sehr unwahrscheinlich.
9. Tragbare, batteriebetriebene Geräte existieren nicht
Den KonsumentInnen stehen höhere Energiekosten ins Haus. Die DAB-Geräte sind wesentlich energieaufwendiger als die heutigen Radiogeräte. Ob mit DAB jemals sehr kleine, batteriegespeiste Radios gebaut werden können ist bis heute nicht geklärt.
10. DAB bringt meist keine bessere Klangqualität
Die technische Qualität einer UKW-Stereo-Übertragung wird von den meisten Radiogeräten nicht ausgenutzt, weshalb eine Stereoanlage besser klingt als ein kleines, tragbares Radio. Schlechter Klang ist nicht auf mangelnde Übertragungsqualität zurückzuführen, sondern auf ein preiswertes Radiogerät (billige Lautsprecher, schlechte Elektronik usw.). Nur wenige, sehr teure Radiogeräte stoßen an die Grenzen der analogen Übertragungstechnik. Nur hier wären mittels DAB klangliche Verbesserungen möglich. Im Auto begrenzen die Fahrgeräusche das Klangerlebnis.
11. Der DAB-Empfang in geschlossenen Räumen ist nicht sichergestellt
DAB wurde für den mobilen Empfang optimiert, also für den Einsatz als Autoradio-Empfänger. Darauf wurden auch die DAB-Pilotversuche und deren Begleitstudien ausgerichtet. Die einseitige Optimierung auf mobilen Empfang geht technisch bedingt zu Lasten des Empfangs in geschlossenen Räumen. Da keine Handgeräte oder stationäre Geräte im Handel sind, konnten diese Empfangssituationen noch nicht ausreichend getestet werden. Es muß befürchtet werden, daß es hier zu massiven Empfangsproblemen kommt.
12. Lückenlos störungsfreier Empfang fraglich
Die digitale Sendetechnik ist der analogen FM-Übertragung bezüglich der Empfangsqualität prinzipiell überlegen. Der Vorteil: Lücken im DAB-Empfangsgebiet können durch zusätzliche Sender geschlossen werden. Soll die Empfangsqualität allerdings tatsächlich flächendeckend verbessert werden, müßte in jedem Tunnel, in jedem schlecht erreichbaren Tal und in jedem großen Gebäude ein zusätzlicher kleiner Sender installiert werden. Ob dafür genügend Geld vorhanden wäre, muß bezweifelt werden.
13. DAB-Datendienste verfehlen die Bedürfnisse der RadiohörerInnen
Für den Empfang im Auto sind visuelle Informationen aufgrund der Gefährdung der Verkehrssicherheit wenig sinnvoll. Nützlich sind hier nur verkehrsspezifische Informationen (z.B. Staumeldungen). Zu Hause werden Informationen über andere Medien und Internet beschafft. Programmunabhängige Datendienste sind beim stationären Empfang deshalb zum großen Teil überflüssig. Interessant sind höchstens programmbegleitende Informationen der Radiostationen, die aber auch ohne DAB verwirklicht werden können.
14. Die Datendienste sind nicht interaktiv
Über die DAB-Datendienste können nur statisch eingespeiste Informationen abgerufen werden. Dies steht in keinem Verhältnis zu den komfortablen interaktiven Suchmöglichkeiten im Internet. Ein nicht-interaktives Informationssystem hat keine Erfolgschancen.
15 DAB-Datendienste fördern die Kommerzialisierung
Aufgrund begrenzter Kapazitäten und der hohen Verbreitungskosten im Vergleich zum Internet werden nur wenige Informationsanbieter ihre Dienste über DAB zur Verfügung stellen können. Abgesehen von programmbegleitenden Informationen der Radiostationen ist deshalb damit zu rechnen, daß vor allem wirtschaftlich verwertbare "Informationsdienste" abrufbar sein werden, also kommerzielle Werbung auf dem Display des DAB-Geräts. Ob damit das Publikumsinteresse geweckt wird, muß bezweifelt werden.
16. DAB gefährdet die Grundversorgung
Einer der wichtigsten Grundpfeiler des Rundfunksystems ist die gesetzliche Grundversorgung der Bevölkerung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Eine Umstellung auf DAB würde jedoch die HörerInnen ohne DAB-Geräte von der Grundversorgung abschneiden. Solange die neuen DAB-Geräte nicht kostenlos abgegeben werden, würde eine Abschaltung des analogen Hörfunks die in der Verfassung verankerte Informationsfreiheit einschränken.
17. Fehlende medienrechtliche Vereinbarungen zur Sicherung des Lokalfunks
Die medienrechtliche Stellung von nichtkommerziellem und lokalem Rundfunk muß aufgrund der hier dargestellten technischen und strukturellen Benachteiligungen dieser Rundfunkformen in einem künftigen DAB-System (vgl. Punkte 1-4) besonders gesichert werden. Bis heute gibt es dafür keine Gesetzesinitiativen.
18. Medienpolitik darf sich nicht wirtschaftlichen Interessen unterordnen
Medienpolitik muß sich in erster Linie an politischen Leitlinien, z.B. der Sicherung der medialen Vielfalt orientieren. Sie darf sich nicht wirtschaftlichen Interessen oder technischen Unzulänglichkeiten unterwerfen. Dies ist aber bei DAB der Fall: Die negativen Folgen einer DAB-Einführung wurden bisher mit dem Verweis auf die "Chancen" der digitalen Technik ignoriert. Es sind jedoch in erster Linie wirtschaftliche Gründe die mit der Einführung von DAB verfolgt werden.
19. Die DAB-Einführung ist zu teuer.
Die Einführung von DAB wird Milliarden DM verschlingen. Bis heute wurden schon weit mehr als 500 Mio. DM in DAB investiert. Die Summe wird sich drastisch erhöhen, wenn die Radiostationen in einer mehrjährigen Übergangsphase gleichzeitig analog und digital senden müssen. Unsinnige Investitionen angesichts der fragwürdigen Zukunftsaussichten von DAB.
20. Europaweites Scheitern von DAB ist vorauszusehen
In den meisten europäischen Ländern laufen derzeit DAB-Betriebsversuche und nirgends zeichnet sich ein Durchbruch für DAB ab. Ganz im Gegenteil: DAB ist europaweit kurz vor dem Scheitern, so wurden in Holland zum 1.Oktober 2000 die DAB-Sender wieder abgeschaltet. Mit einer europaweiten Umstellung des UKW-Rundfunks auf DAB ist nicht zu rechnen.
21. Auch ein bundesweiter Konsens ist nicht in Sicht.
Mittlerweile wurde zwar in allen 16 Bundesländern die Einführung von DAB beschlossen, die 5 norddeutschen Länder sind dabei jedoch äußerst zurückhaltend. Der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) warnt vor den finanziellen Folgen von DAB. Die Grünen im Bundestag und viele Experten haben sich gegen DAB ausgesprochen. Der Hessische Rundfunk stellte die DAB-Ausstrahlung wieder ein. Auch bei den Verbrauchern kommt DAB nicht an, kaum jemand interessiert sich für DAB-Empfangsgeräte. Viele TesthörerInnen zeigten sich enttäuscht. Dies sind nur einige Beispiele für die mangelnde Akzeptanz von DAB.
22. Alternative digitale Übertragungstechniken wurden nicht ausreichend geprüft
In den USA wurde schon vor einigen Jahren ein DAB-verwandtes System entwickelt: "IBOC" oder "iDAB". Die IBOC-Technik wurde nie detailliert untersucht, obwohl sie viele der hier genannten Probleme nicht aufweist. Eine Weiterentwicklung der IBOC-Technik könnte möglicherweise die vorhandenen Probleme des europäischen DAB lösen. Ähnliches gilt für das japanische System ISDB-T, das erst in jüngerer Zeit entwickelt wurde und mit unterschiedlichen Bandbreiten arbeiten kann.
23. Mit DVB-T existiert ein konkurrierendes System
Das zukünftige digitale Fernsehen über DVB-T wird möglicherweise ebenfalls für die digitale Hörfunkübertragung genutzt. Derzeit laufen entsprechende Betriebsversuche. DVB-T bietet zwar ebenfalls keine Alternative zur herkömmlichen Hörfunkübertragung, ist jedoch in einigen Bereichen vergleichbar mit DAB. Wie sich eine mögliche Konkurrenz zwischen beiden Systemen auf dem Markt auswirken wird, ist nicht bekannt.
24. der Kauf neuer Rundfunkgeräte ist nicht zumutbar
80 Millionen Bürger müßten in den nächsten Jahren DAB-Empfangsgeräte kaufen. Dabei muß jedes Küchenradio, jedes Autoradio und jeder Radiowecker ersetzt werden. Kein einziges der alten Radiogeräte würde noch einen Nutzen haben. Im gleichen Zeitraum soll auch das Fernsehen digitalisiert werden. Auch neue Fernseher müssen gekauft werden. Dies ist für die KonsumentInnen nicht zumutbar und führt daher zu einer faktischen Einschränkung der Informationsfreiheit.
25. Die Folgen einer DAB-Einführung sind in der Öffentlichkeit unbekannt
Die Bevölkerung kann deshalb auf die Entscheidung zur Abschaffung des UKW-Rundfunks keinen Einfluß nehmen. Eine derart weitreichende Entscheidung darf nicht ohne eine breite öffentliche Diskussion stattfinden.
weitere Informationen über die geplante Einführung von DAB erhalten Sie über das Internet unter http://www.querfunk.de/dab.